Johanna Rottenmaier

AUS DEM LEBEN EINER FREUNDLICHEN DIKTATORIN

Ich bin nicht eines Morgens aufgewacht und wollte Freundliche Diktatorin werden. Ich bin da so reingerutscht. Und das kam so:

Die idealen Voraussetzungen für eine gute Diktatorin hatte ich schon immer: Größenwahn, Komplexe, Gier, Egozentrik, mangelnde Anerkennung durch meine Umwelt. Nur dass dies lange Zeit niemanden interessierte.

Dann gründete ich 2003 mit fünf Freunden ein Berliner Internetforum: die Restrealitaet. Ein grauschwarzer Ort für elektronische Musik, Nachtleben und anderen Quatsch.

Und weil jedes Volk nach Brot, Mythos und Führung dürstet (du hattest ja so Recht, Dostojewski) haben sie mich, zusammen mit sechs anderen, zu ihrer Herrscherin gemacht.

Unsere Regierungsform ist die Freundliche Diktatur: Alle können alles machen, bis der Punkt kommt, an dem wir die Schnauze voll haben.

Nun schwappt immer mehr die restreale Rottenmaier in die sogenannte Realität rüber. Ergreift Besitz von der echten Johanna, klebt auf ihrem Klingelschild, verteilt Visitenkarten. Und muss damit klarkommen, dass sie sich plötzlich in einer Demokratie befindet. Und als abgehalfterte Freundliche Diktatorin in Berlin auch nicht weiter auffällt.

Also legt sich Rotti mit Großdealern an, die ihren Bullterrier auf den Gehweg koten lassen, maßregelt an die Packstation urinierende Hartalkis, kämpft für die Diktatorinnenquote oder macht Film und andere „Projekte“.

Ich bin Johanna Rottenmaier. Ich weiß nicht, was als Nächstes passiert. Ich rechne mit allem. Das sollten Sie auch tun.